Während des Verseifungsprozesses bildet sich durch die verwendeten Fette (diese können Öle, Fette oder Pflanzenbuttern sein) natürliches Glycerin. Jedes Öl hat zudem „unverseifbare“ Anteile, dass heißt, dass nicht alle Bestandteile der Fette durch das Natrium in Seife verwandelt werden, sondern als natürliche sekundäre Pflanzenstoffe in der Seife verbleiben. Eine bessere Extrapflege gibts nicht!
Die Höhe der unverseifbaren Anteile sind bei jedem Öl, Fett oder jeder Pflanzenbutter verschieden. Rohes grünes Avocadoöl hat zum Beispiel 6%, Sheabutter sogar bis zu 17%! Zusammen mit dem natürlichen und feuchtigkeitsbindenden Glycerin bilden die sekundären Pflanzenstoffe den großen Unterschied zu herkömmlichen und industriell hergestellten Seifen, denn diese werden nach dem eigentlichen Prozess mit Kochsalz „ausgesalzen“. Das heißt die natürliche Seife wird aufgekocht und solange Kochsalz beigemischt, bis das Glycerin und die sekundären Pflanzenstoffe an der Oberfläche schwimmen (das kann man sich grob wie Spätzle machen vorstellen). Dort werden sie ausgesiebt und von der Industrie für andere Produkte verwendet. Zum Beispiel wird das Glycerin für Handcremes und Bodylotions genutzt. Die Seifen werden durch diesen Schritt zu Kernseifen. Auch wenn Kernseifen durchaus ihre Daseinsberechtigung haben - meine Oma hat z.B. damit früher die Wäsche eingeweicht, Flecken vorbehandelt und damit geputzt - haben sie nichts mehr mit milder und natürlicher Hautpflege zu tun. Kernseifen sind durch das aussalzen konzentrierter und stärker, reinigen gründlicher und bußen damit ihre hautschonende Pflege ein.
Auch die berühmte Alepposeife wird traditionell ausgesalzen und ist somit eine Kernseife. Der einzige Vorteil dieser Kernseifen ist, dass sie befreit von den pflegenden und natürlichen Bestandteilen quasi ein unbegrenztes Haltbarkeitsdatum haben. Vor hunderten Jahren als man noch keine praktischen Digitalwaagen hatte und als Seifenrührer seine Lauge umständlich aus Asche herstellen musste, wurde auch dadurch gewährleistet, dass keine überschüssige Lauge in der Seife verblieb, da diese mit ausgekocht wurde.
Lasst mich das mal kurz wiederholen: Einem natürlichen und eigentlich perfekt pflegendem und schonendem Produkt wird durch einen unnützen Produktionsschritt die eigentliche Pflege entzogen. Diese Pflege wird dann einem zweiten Produkt zugesetzt, damit dieses die durch das erste Produkt ausgetrocknete Haut wieder gesund pflegen soll. Ein Schelm ist wer böses dabei denkt ;)
Bei unseren natürlichen Seifen kommt noch hinzu, dass wir diese absichtlich überfetten („superfat"). Das heißt wir berechnen und dosieren zB die Kakao- und Sheabutter so hoch, dass die Base diese nicht komplett verseifen kann und dieser Überschuss 1 zu 1 in der fertigen Seife als pure Pflege verbleibt. Je nach Seife ist dieser superfat Anteil zwischen 5% und 12% (bei Haarseifen ab 2%).
Fun Facts und eine kleine Geschichte zur Seifenherstellung:
- Das erste überlieferte Seifenrezept stammt bereits aus der Zeit um 2500 v. Chr. Dieses fand man in Tello, einer kleinen Stadt in Mesopotamien. Die Sumerer haben auf einer Tonschiefertafel in sumerischer Keilschrift folgendes Rezept eingeritzt: 1 Liter Öl und die fünfeinhalbfache Portion Pottasche (wobei Pottasche nicht das ist was viele jetzt im Sinn haben ;) Es handelte sich dabei um Asche aus bestimmten Pflanzen wie Dattelpalmen und Tannenzapfen).
- Erst im 18. Jahrhundert wurde von Nicolas Leblanc, einem französischem Arzt und Chemiker ein bahnbrechendes Verfahren entwickelt das die industrielle Herstellung einer Soda Base erlaubte. Bis dahin musste die Base mühsam aus Asche gewonnen werden. Exakte Messwerte und Rezepte waren fast unmöglich( siehe oben zum Thema "aussalzen").
- In vielen Ländern und Kulturen ist die Technik zu Hause selbst Seife herzustellen so selbstverständlich wie Marmelade einzukochen oder Gemüse über den Winter einzulegen. Sie wird von Generation zu Generation weitergegeben. Leider gehört Deutschland nicht dazu.
- Den unverseifbaren Anteil von Avocadoöl hat sich eine schlaue Firma unter dem Markennamen „Avocadin®“ registrieren und schützen lassen und vermarktet es als Regenerationsserum.
- Natürliche Seife wird besser je länger sie nach dem ausformen und in Stücke schneiden reifen (die sogenannte "cure time" oder "curing") kann. In dieser Zeit wird sie milder, härter, ergiebiger und entwickelt ein besseres Schaumverhalten. Bei uns reifen die Seifenstücke in einem speziellen Regal (du siehst es direkt hinter unserer Kasse), dem sogenannten "Curing Rack“, zwischen 4 und 6 Wochen nach. Unsere Seifen mit 80% Extra Virgin Olivenöl Anteil reifen 3 Monate und Seifen aus 100% Extra Virgin Olivenöl ein ganzes Jahr!
Fazit: Dadurch das in unseren natürlichen Seifen das pflanzliche Glycerin und die sekundären Pflanzenstoffe verbleiben, diese zusätzlich einen hohen superfat Anteil haben und besonders lange nachreifen sind sie die schonendste, natürlichste und ökologischste Reinigung für Körper, Haut und Haaren.
Baba und bis bald
Euer Marc-Simon